Elektromobilität in der Landwirtschaft: Einsatzmöglichkeiten und Chancen für die Zukunft

Elektromobilität in der Landwirtschaft: Einsatzmöglichkeiten und Chancen für die Zukunft

Viele landwirtschaftliche Betriebe kennen die Herausforderung seit Jahrzehnten nur zu genau: Unter hohem Preisdruck müssen sie zwischen Klimaschutz und Tierwohl wirtschaftlich arbeiten. Hinzu kommt der gesellschaftliche Wunsch nach noch mehr Nachhaltigkeit. Dabei produzieren viele Landwirte bereits Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und tragen so nicht nur zum Klimaschutz, sondern auch zur eigenen Energieversorgung bei. Der selbst produzierte Strom wird zunehmend für elektrisch betriebene Mobilitätsanwendungen genutzt: Doch neben vielen Herausforderungen hat die Elektromobilität in der Landwirtschaft momentan auch noch Grenzen.

 

Mit modernen und nicht selten großflächigen Photovoltaikanlagen produzieren viele Landwirte schon lange selbst Strom. Neben dem Zusatzumsatz durch das Einspeisen des elektrischen Stroms in die Energienetze ergibt sich dadurch ein weiterer Vorteil: Je unabhängiger Landwirte in Sachen Energie sind, desto mehr Kontrolle haben sie über ihre Energiekosten.

 

Landwirte sind oftmals bereits Selbstversorger

Ein Großteil der selbst produzierten Energie wird für die elektrische Versorgung von Haus und Stall eingesetzt – aber auch für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. So haben sich in den letzten Jahren immer mehr Landwirtschaftsbetriebe ein E-Auto samt Ladesäule oder Wallbox zugelegt. Kein Wunder, denn die meisten Länder in der EU fördern E-Autos oder Ladesäulen schließlich mit teilweise großzügigen Zuschüssen. Auch im Bereich der sogenannten Innenwirtschaft finden sich inzwischen zahlreiche Einsatzgebiete für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Für Hoflader und Radlader etwa, die in und um die Stallungen eingesetzt werden, bieten sich elektrische Antriebe an. Ihr örtlich emissionsfreier und nahezu lautloser Antrieb kommt der Gesundheit der Tiere und natürlich des Menschen zugute. Vor allem der Stresslevel besonders geräuschempfindlicher Tiere wie Pferde oder Hühner wird so signifikant gesenkt. Und wenn die Hoflader hauptsächlich für die alltäglichen Arbeiten während der Stallzeiten genutzt werden, verbleibt genügend Zeit, um die Akkus wieder aufzuladen.

Bei den schweren Landmaschinen bleibt der Dieselmotor der Antrieb der Wahl. Zumindest auf absehbare Zeit. Das liegt vor allem an der Art und Weise der Nutzung: Traktoren werden insbesondere bei aufwändigen Feldarbeiten über viele Stunden am Stück eingesetzt, sie brauchen viel Power und somit Energie. Das bestätigt auch Roger Stirnimann, Dozent für Agrartechnik an der Berner Fachhochschule in Zollikofen/Schweiz. Seines Erachtens vertragen sich vollelektrische Konzepte mit den klassischen Einsatzgebieten von Traktoren kaum, weil die Leistungsanforderungen meistens hoch und die Einsatzzeiten lang sind. Auch die immer noch relativ langen Ladezeiten stellen eine weitere Hürde dar. Hinzu kommt: Zwar sind schwere Landmaschinen groß, aber eben nicht annähernd groß genug, um tonnenschwere Batteriesysteme aufzunehmen.

 

Haben elektrische Antriebskonzepte in der Landwirtschaft eine Zukunft?

Wären Hybrid-Traktoren eine Möglichkeit? Wohl nicht, wie Roger Stirnimann betont: „Bei schweren Zugarbeiten auf dem Feld könnte ein hybridisierter Traktor beispielsweise kaum von der Hybridfunktion „Rekuperation“ profitieren. Selbst bei Transportarbeiten dürften hieraus nur geringe Effizienzvorteile resultieren.

Und dennoch forschen Landmaschinenhersteller an elektrischen Antriebskonzepten. Auch, weil sich die Akku-Technologie immer weiterentwickelt. Ein leitender Entwickler aus der Branche kann sich E-Antriebe zurzeit maximal in Kompakt-Traktoren vorstellen. Seine Beispielrechnung: Bei einer Nennleistung des Traktors von 250 PS, einer Einsatzzeit von zehn Stunden und einer Auslastung von 50 Prozent müsse die Batterie schon über eine Kapazität von einer Megawattstunde verfügen. Und das wären nach Ansicht des Entwicklers eines führenden Landmaschinenherstellers noch nicht einmal die größten Traktoren. „So etwas ist heute und in nächster Zeit nicht darstellbar. Und selbst wenn es technisch machbar wäre – die derzeit hohen Kosten für solche Super-Batterien könnte kein Landwirt stemmen.“

Und dennoch glaubt der Landmaschinen-Experte an den Durchbruch der E-Mobilität bei Traktoren: „Elektrische Maschinen bieten gerade in der Landwirtschaft gegenüber einem Dieselmotor erhebliche Vorteile“, ist der Ingenieur überzeugt. „Sie sind wesentlich kompakter und bieten eine höhere Leistungsdichte. Diese Vorteile würden wir gerne nutzen, um mehr Leistung bei geringerem Gewicht bieten zu können.“ Und das, so der Entwickler, „wäre ein Traum.“